Rückenschmerzen:
Die häufigsten Mythen untersucht!

Ein Physiotherapeut erklärt:

Rückenschmerzen sind ein weit verbreitetes Leiden in der Bevölkerung. in einer RKI Untersuchung von 2020 gaben  61,3% der deutschen Bevölkerung an im letzten Jahr Rückenschmerzen gehabt zu haben, 15,6% der Betroffenen litten an chronischen Rückenschmerzen. Also Schmerzen, die länger als drei Monate dauerhaft bestehen blieben.

Mit zunehmendem Alter steigt die Anzahl der Schmerzpatienten.

In diesem Artikel gehe ich darauf ein, wie Rückenschmerzen entstehen, welche Arten es gibt und wie man ihnen vorbeugen bzw. sie lindern kann.

Dennoch ersetzt der Artikel keinen Arzt- oder Therpeutenbesuch und sollte keinesfalls zur Diagnose oder Behandlung genutzt werden. Es handelt sich lediglich um allgemeine Informationen zum Thema Rückenschmerzen, welche dem besseren eigenen Verständnis dienen.

Rückenschmerzen 

Die Hintergründe

Rückenschmerzen können auf verschiedene Weisen entstehen. Man klassifiziert sie in spezifische und unspezifische Rückenschmerzen. Spezifischen Rückenschmerzen liegt eine spezifische Ursache zugrunde, also z.B. ein Bandscheibenvorfall oder der Bruch eines Wirbelkörpers. Also eine konkrete Schädigung der Wirbelsäule oder umliegender Strukturen. 
Unspezifische Rückenschmerzen hingegen sind nicht direkt einer Schädigung zuzuordnen. Der Großteil, ca. 80%, der diagnostizierten Rückenschmerzen sind eben diese unspezifischen Rückenschmerzen. Sie entstehen eben durch keine spezifische Ursache, sondern durch verschiedene Einflussfaktoren, die oft miteinander einhergehen.

So kann z.B. Stress, soziale oder berufliche Veränderungen, psychische oder auch einfach Überlastung oder mangelnde Bewegung zu entsprechenden Schmerzen führen.

Weiterhin muss man die Dauer der Problematik ebenfalls betrachten. So unterscheidet man zwischen Akuten, Subakuten und chronischen Schmerzen. 

Akute Rückenschmerzen dauern unter 6 Wochen an, häufig geht in dieser Zeit der Schmerz auch selbstständig wieder zurück.

Subakute Schmerzen sind ab einem Zeitraum von 6 Wochen bis 12 Wochen klassifiziert, während chronische Schmerzen länger als 12 Wochen bestehen müssen, um als solche zu gelten.

Je länger der Schmerz besteht, desto komplexer und aufwendiger ist oftmals die Behandlung, da sich Anpassungsprozesse und strukturelle Veränderungen ergeben. 

So können z.B. Muskeln abbauen, sie werden also kleiner und schwächer, da sie nicht genutzt werden. Ebenfalls kann sich die Haltung mit der Zeit verändern und es kommt zur sogenannten “Schonhaltung”. Hier werden entsprechend schmerzhafte Positionen vermieden, aber diese führen über lange Zeit zu weiteren Problemen. 

Weiterhin können sich auch Nerven und deren Rezeptoren über lange Zeit so verändern und dazu führen, dass wir Schmerzen empfinden, für die es keine erklärbare Ursache gibt.

Wie man schon merkt, sind Rückenschmerzen, vor allem unspezifische, keine einfache und auf eine einzelne Ursache zurückzuführende Erkrankung, sondern ein multifaktorielles Problem, bei dem es auf eine individuelle Behandlung auf verschiedensten Ebenen ankommt. Hier konnten wir bisher natürlich auch nur an der Oberfläche kratzen.


 

Einige Mythen zu Rückenschmerzen

Verrutschte/geplatzte bandscheiben

Zu Beginn dieses Themas einmal: Bandscheiben verrutschen nicht und sie platzen auch nicht! 

Wenn eine Bandscheibe wirklich verrutscht sein sollte, muss der Schaden im Körper so enorm sein, dass die verrutschte Bandscheibe wohl das geringste der Probleme wäre. Die Kräfte, die dafür nötig wären, würden sich irgendwo im Bereich von “LKW überfährt Mensch” abspielen. Also Kräfte, die im Alltag oder durch Überlastung etc. nicht zu erreichen sind.

Ebenso verhält es sich mit dem “Platzen” von Bandscheiben, das ist de facto gar nicht möglich. Es gibt Pathologien an der Bandscheibe, die können auch sehr schmerzhaft und gefährlich sein, aber durch zu viel Belastung oder falsche Sitzhaltung etc. kommt es zu keinem Platzen. Die Pathologien, die es wirklich gibt, sind eben Bandscheibenvorfälle oder Vorwölbungen. Aber dazu später mehr.


 

Richtige Sitzhaltung 

Auch hier: Die eine richtige Sitzhaltung für jeden gibt es nicht. Es gibt Positionen, die nach gewissen Verletzungen oder Operationen vermieden werden sollen. Aber eine gesunde Person ohne Erkrankung kann in jeder Position sitzen, die keine Schmerzen bereitet. Der wichtigste Punkt hierbei ist, die Positionen regelmäßig zu wechseln. Also nicht nur in einer aufrechten oder auch gekrümmten Position die ganze Zeit zu verharren, sondern zu wechseln. Und weiterhin natürlich auch aufzustehen, zu gehen und Sport zu treiben.

Um zu verstehen, woher dieser Irrglauben kommt, man müsse immer in einem exakten 90° Winkel aufrecht sitzen, muss man verstehen, dass in der Position der Druck in der Bandscheibe schon deutlich geringer ist als in anderen Positionen. Aber unser Körper und die Wirbelsäule sind nicht darauf ausgelegt, permanent in einer Position zu verharren, ohne sich zu bewegen. Das führt vor allem dazu, wenn man lange in einer Position verharrt, dass Rückenschmerzen allein schon durch überanstrengte Rückenmuskulatur entstehen können. Ein einfaches Experiment, um das zu verdeutlichen, ist den Arm einmal horizontal zum Boden zur Seite auszustrecken und einige Minuten ohne Bewegung zu warten. Schon nach kurzer Zeit beginnt die Schulter zu brennen oder sogar zu schmerzen. Löst man die Position und bewegt den Arm, verschwindet der Schmerz auch schnell wieder. Genauso reagiert die Rückenmuskulatur auf langes Sitzen in einer Position

Wirbel können eingerenkt werden.

Der Glaube man müsse von einem Physio, Arzt oder Chiropraktiker nur einmal schnell eingerenkt werden und schon sei alles wieder in Ordnung, ist ebenso weit verbreitet wie die vorherigen Mythen ebenfalls. Aber so wirklich was dran ist da auch nicht. Wie auch Bandscheiben springen im Alltag auch keine Wirbel raus oder Gelenke stehen falsch. Diese Krankheitsbilder an sich gibt es schon z.B. die Spondylolisthesis also Gleitwirbel, aber hier und auch bei vermeintlich falsch stehenden oder ausgerenkten Wirbeln hilft kein schnelles ”einrenken” oder knacken durch Therapeuten etc. sondern auch hier muss mit gezielter vielseitiger und dauerhafter Therapie und Training gearbeitet werden. Das Knacken bzw. “einrenken” bringt kurzfristig zwar oft vermeintliche Linderung da dem Gehirn durch das laute Knacken Suggeriert wird es würde viel im gelenk passieren kombiniert mit Starken ziehen und einer glaubhaften Geschichte von ausgerenkten Wirbeln durch den Therapeuten oder Arzt und schon denkt der Patient bzw. das unterbewusstsein es wäre eine Top Therapie gewesen.

Grundsätzlich gilt leider wie immer komplexe Probleme, und dazu zählen Rückenschmerzen, lassen sich nicht mit einer kurzen und passiven Intervention behandeln lassen. Gerade wenn sie bereits länger bestehen, brauchen sie Zeit, um wieder abklingen zu können.

Was hier für die Wirbelsäule gilt, gilt natürlich auch für alle anderen Gelenke des Körpers.

Verspannung & Massage 

Die meisten Menschen vermuten hinter Physiotherapie immer noch einfach, vom Therapeuten behandelt zu werden. Sprich sie liegen oder sitzen und der Therapeut massiert die Verspannung weg oder renkt mich wieder ein. Verspannungen sind eine der häufigsten Ursachen für Rückenschmerzen. Aber hilft hier überhaupt eine Massage oder sollte der Ansatz ein ganz anderer sein?

Massagen können gerade in der ersten oder zweiten Therapieeinheit ein sinnvoller Terapiebestandteil sein, um das allgemeine Wohlbefinden zu steigern und Vertrauen zum Therapeuten aufzubauen. Aber als alleinige Therapie reicht sie nicht aus. Das gilt für fast alle passive Maßnahmen. Sie können Bestandteil einer Therapie sein und das auch mit Recht, aber um nachhaltige Heilung und Verbesserung der Situation zu erlangen, ist zwingend eine aktive Therapie nötig. Warum verlangen Patienten aber immer wieder und oft nach Massage? Das liegt daran, dass es ihnen direkt nach der Behandlung merklich besser geht und sie sich wohl fühlen. Aber dieser Zustand wird über z.B. Druckinhibition also durch das “Wohlweh” während einer Massage erreicht. Es werden also die Schmerzen durch eine Vielzahl anderer Reize auf die Haut und Muskulatur überlagert und ausgeblendet. Das ist an sich erstmal nicht schlimm, aber der Effekt hält nicht langfristig an und die Patienten müssen dauerhaft weiter behandelt werden, um den Effekt aufrechtzuerhalten. Von Heilung oder Verbesserung kann also nicht die Rede sein. Hier ist also Mitarbeit durch den Patienten gefragt sowie die aktive Bewegung über die Therapie hinaus in den Alltag.



 

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Übung 1 - Becken kippen!

Dauer: 30-60 Sekunden

Anleitung:  Lege dich auf den Rücken und stelle die Beine wie auf den Bildern gezeigt an. Kippe dein Becken nun wie auf den Bildern nach vorne, um ein Hohlkreuz zu formen. Dann kippe dein Becken so weit nach hinten, dass du wie auf den Bildern einen Rundrücken formst.

Tipp: Nutze einen Spiegel, um die Bewegung zu kontrollieren.



 

Übung 2 - Gesäß dehnen (M. Piriformis)

Dauer: 30-60 Sekunden

Anleitung: Setze dich im Schneidersitz hin und lehne deinen Oberkörper soweit nach vorne wie du kannst. Versuche nun dein Becken nach vorne zu kippen und ein Hohlkreuz zu formen, ähnlich wie bei der Übung "Becken kippen". Du solltest in der Tiefe des Gesäß nun eine Dehnung spüren.

Tipp: Um die Dehnung zu steigern, kannst du dich jeweils in eine Richtung der Knie lehnen und die Position dort halten.

Übung 3 - Nacken dehnen!

Dauer: 30-60 Sekunden

Anleitung: Führe als erstes dein Kinn Richtung Brust. Um die linke Seite zu dehnen neige den Kopf nach rechts, so als wolltest du mit dem Ohr die Schulter berühren. Als letztes kannst du nun den Kopf nach links oben drehen und Richtung Decke schauen. Um die rechte Seite zu dehnen, neigst du den Kopf nach links und drehst in dann nach rechts oben. Alle anderen Schritte werden wie auf der linken Seite durchgeführt.

Häufige Fehler: Achte darauf, beim Drehen des Kopfes den Kopf weiter zur Seite und nach vorne geneigt zu halten.

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